Bis zu den Nationalparks in Utah legen wir auf der Interstate 15 eine Strecke von 359 Meilen zurück, nur mit einer Zwischenübernachtung beim Flying J in Beaver. Wer seine Lebensmittelvorräte auffüllen muß und evtl. Alkohol und Zigaretten kaufen möchte, sollte das wenn möglich in einem anderen Bundesstaat erledigen. Der Mormonenstaat Utah ist teuer und selbst Kaffee nicht immer zu bekommen. Auf der gesamten Strecke bis St George erweisen sich die Orte lediglich als Tankstationen mit kleinem Shop um nur die allernötigsten Dinge zu kaufen. Auf einem Camp außerhalb St Georges wird das Auto für die Fahrt durch die Nationalparks auf Vordermann gebracht, Lebensmittel bei Walmart eingekauft und dank Steve, einem Nachbarn, habe ich beste Internetverbindung über seinen Router. Gegen Abend kommt Wind auf, der aber nicht für Abkühlung sorgt sondern nur den Staub aufwirbelt. Dafür fallen einige Regentropfen für sage und schreibe zwei Minuten.
Wir brechen zeitig auf um früh am ersten der beiden Campgrounds im Zion NP zu sein. Der State Hwy 9 erhält von mir den Beinamen Straße der toten Rehe. Es ist kein schöner Anblick. Über ein Dutzend Rehe liegen verendet auf und an der Straße. Autofahrer und Radler sind gezwungen die Tiere zu umkurven. Ich verstehe die Amerikaner nicht. Wir passieren das touristische Springdale, wo zum vorerst letzten Mal getankt und eingekauft werden kann. Allerdings sind die Preise hier gesalzen. Direkt vor den Toren des Nationalparks gelegen sind dementsprechend viele Hotels vorzufinden. Wie üblich erhalten wir am Gate Informationsmaterial über den Park. Die freundliche Rancherin besieht sich das Auto und bescheinigt uns die freie Durchfahrt durch den Tunnel, den wir bei der Weiterfahrt zum Bryce Canyon durchqueren müssen. Alle Mobile ab einer Breite von 2,40 Metern dürfen den Tunnel nur im Konvoi zu bestimmten Zeiten durchfahren und müssen 15 $ zahlen. Der Watzmann Campground ist voll, wir bekommen aber im nahe gelegenen Southcamp noch einen der letzten Plätze. Alle anderen sind kurz darauf gezwungen ihr Glück morgen zu versuchen.
Der Zugang in den Park wird durch einen kostenlosen Shuttle Bus Service geregelt, der im 5 Minuten Takt fährt. Erst ab Oktober wenn die Zahl der Touristen nicht mehr so hoch ist darf der Park mit dem Auto befahren werden. Eine gute Lösung, denn ohne diese Regelung bräche ein Verkehrschaos aus. Auf dem Zion Canyon Scenic Drive, der parallel zum Virgin River verläuft, steuert der Bus 9 Haltepunkte an. Wir fahren direkt am ersten Tag bis zur Endstation, dem Tempel of Sinawava und wandern den River Trail entlang. Eine einfache, ebene Wanderung, zuerst durch lichten, schattenspendenden Wald. Danach beginnt der anspruchsvollere Narrow Trail, der momentan ohne Gefahr gegangen werden kann. Ca. 80 % der Wanderung geht durch Wasser. Je nach Wetterlage ist mit Flash Flows zu rechnen, die diese Wanderung sehr gefährlich machen. Der Virgin River schlängelt sich durch eine immer enger werdende Schlucht. Rechts und links ragen die roten Sandstein Felsen 600 Meter in den Himmel. Wir waten mit Schuhen durch das flache Wasser denn der Untergrund ist steinig und rutschig. Zwischendurch verkommt der Fluß zu einem kleinen Rinnsal und wir gehen über Kieselsteine durch das trockene Flussbett. Danach wird das Wasser wieder tiefer. Ohne Wanderstöcke und mit der Kamera ist der weitere Weg etwas heikel. Wir stehen bis zu den Knien im Wasser, haben Probleme das Gleichgewicht zu halten und kehren um während die anderen Wanderer im nächsten Abschnitt bis zu den Oberschenkeln im Wasser stehen. Der gesamte Narrow Trail ist ca. 26 Km lang und kann als Mehrtagestour gegangen werden. Unsere Schuhe sind nass, dafür wieder sauber. Schmatzgeräusche begleiten uns auf der nächsten Wanderung am Hidden Canyon. Wir nehmen den Shuttle Bus und steigen an der Weeping Rock Haltestation aus. Mittlerweile brennt die Sonne erbarmungslos vom Himmel. Wie nicht anders zu erwarten geht es in unzähligen Serpentinen steil bergauf. Diese Wanderung ist im Gegensatz zum Narrow Trail nicht überlaufen. Die meiste Zeit sind wir alleine unterwegs. Oben angekommen haben wir einen phantastischen Blick hinunter ins Tal und auf die vor uns liegenden Felsformationen. Unsere Schuhe sind mittlerweile trocken aber auch wieder schmutzig. Im weiteren Verlauf wird der Weg eng und wir gehen knapp am Abgrund entlang. Danach wird der Weg gefährlicher und man angelt sich an den angebrachte Eisenketten weiter. Hier ist für uns Schluß. Der weitere Weg ist nur bei Schwindelfreiheit zu empfehlen, deshalb müssen wir umkehren. Im Camp ein kühles Bier und ein anschließendes Bad im künstlich angelegten Badepool im Fluß und wir fühlen uns wieder frisch.
Der nächste Tag, die nächste Wanderung. Ich komme Silvia zuvor und schlage die 8,7 Km lange Tour zum Angels Landing vor, wohlwissend daß sie den Trail eh gehen möchte. Mir schlottern jetzt schon die Knie. Mit dem Bus fahren wir bis zur Haltestelle The Grotto. Es ist 9.30 als wir den Virgin River überqueren und auf dem ebenen Weg am Wasser entlang gehen. Die Felsen spenden am frühen Morgen noch Schatten. Die ersten Serpentinen tauchen auf. Ab jetzt geht es nur noch an der Felswand nach oben. Der Weg ist breit und sehr gut ausgebaut, auch für mich noch keine Herausvorderung. Ich schaue nach oben und sehe Silvia irgendwo in der roten Wand. Es gibt immer neue außergewöhnliche Aussichten und ich bin gezwungen viele Fotopausen zu machen. Mittlerweile hat die Sonne den Weg für sich entdeckt. Jedes kleine schattige Plätzchen wird zum Trinken und Ausruhen genutzt. Nach 1,5 Stunden erreichen wir den Punkt wo für mich Schluß ist. Wir stehen auf dem kleinen Plateau unterhalb des Felsens. Ab hier geht es an einer niedrig angebrachten Kette noch einmal 800 Meter weiter und hinauf zum Angels Landing. Vor dem letzten Abschnitt versammelt sich eine Menschenmenge die hinauf möchte und von oben kommt eine ebenso große Menschenmenge die wieder hinunter möchte. Dieses letzte Stück verlangt absolute Schwindelfreiheit und Trittsicherheit. Höhenangst darf man nicht haben. Silvia verzichtet zu meiner Überraschung ebenfalls auf den weiteren Aufstieg. Auch von hier ist die Sicht ins Tal atemberaubend. Wir haben unser persönliches Landing erreicht und wandern nur noch ein Stück auf dem West Rim Trail weiter, der hier entlang führt. Am Mittag geht es für uns beschwingt nach unten während sich immer mehr Menschen in der prallen Sonne auf den Weg nach oben quälen. Wir blicken in schweißnasse, abgekämpfte Gesichter und sind froh jetzt bei über 30° ohne Schatten nicht hinauf gehen zu müssen. Wir gönnen uns an der Zion Lodge ein kühles wohlverdientes Bier, das sofort seine Wirkung zeigt. Gut das uns der Bus zum Camp bringt.
Beim Verlassen des Campgrounds gibt es eine lange Schlange vor der Anmeldung. Es ist Samstag und morgen ein Feiertag, der Labor Day. Der Zion Mount Carmel Hwy windet sich in Serpentinen nach oben. Noch bevor wir den Tunnel erreichen legen wir etliche Stops ein. Danach wird es nicht besser. Ein Höhepunkt folgt dem Anderen. Die Landschaft ist grandios und von unendlicher Schönheit. Ein kurzes Stück legen wir auf einer tristen Wüstenstrecke zurück, die danach wieder in rote bizarre Sandstein Formationen übergeht. Im Dixie National Forest machen wir eine Kurzwanderung zum Red Canyon bevor wir den Bryce Canyon nach insgesamt 85 Meilen am Mittag erreichen. Die Parkplätze am Visitorcenter sind für Wohnmobile über 6 Meter gesperrt. Auf asphaltierter Straße geht es in den Park . Für Fußgänger und Radfahrer stehen breite Wege zur Verfügung. Wider Erwarten ist der unserer Meinung nach völlig überteuerte Bryce Canyon Sunset Campplatz fast leer. Das einzig Schöne an diesem Platz ist die Nähe zum Canyon, der nur einen kleinen Fußmarsch entfernt liegt. Wir stehen am Sunset Point und sind überwältigt vom Anblick der farbigen Hoodoos. Egal ob vom Sunset Point, dem Inspiration Point oder dem Sunrise Point, die Eindrücke sind grandios und auf einem kombinierten Trail noch beeindruckender. In Serpentinen wandern wir auf dem Navajo Loop hinunter in den Canyon um anschließend auf dem Queens Garden Trail zu wandern. Die 5 Km lange Strecke führt vorbei an den in der Sonne rot leuchtenden Hoodoos und Felsformationen. Unten angekommen führt der Weg durch einen Felsspalt. Wir legen die Köpfe in den Nacken uns sehen direkt über uns die Bäume in den Himmel ragen. Im Canyon ist es flach, während der etwa 1 Km lange Aufstieg mit teilweise 20 % Steigung bei diesen klimatischen Bedingungen für mich eine Tortour ist. Nicht nur daß das rechte Bein von der Hüfte an schmerzt, auch der Magen rebelliert und der Kreislauf macht Probleme. Ist nicht mein Tag.
Endlich oben angekommen stehen wir am Sunrise Point und lassen diesen überwältigenden Anblick noch einmal auf uns einwirken bevor wir uns zum Wohnmobil begeben. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang stehen wir wieder am Canyon. Im Licht der untergehenden Sonne erleben wir den Bryce Canyon wieder ganz anders, denn das Farbenspiel ändert sich. Abends kühlt es ab. Wir befinden uns auf einer Höhe zwischen 2400-2700 Metern. Unsere Jacken kommen zum Einsatz und wir bleiben nach dem Essen nicht lange draußen sitzen. Statt Bettlaken nehme ich heute Nacht die Bettdecke.
Wir wollen zum Sonnenaufgang wieder am Canyon stehen, doch daraus wird nichts. Wir verschlafen.
Wir entscheiden uns gegen einen weiteren Tag im Bryce Canyon. Ausschlaggebend ist der schlechte und überteuerte Platz. Im Visitor Center versuchen wir schnell noch mit Freunden zu skypen was aber wegen der schlechten Verbindung nicht klappt. Den Grand Staircase-Escalante National Monument durchqueren wir lediglich. Der Park ist wenig erschlossen und ohne Allrad Antrieb und höher gelegtem Auto schlecht zu fahren. Einen Überblick über die schroffe Schönheit erhalten wir am Head of the Rocks Overlook. Wir stehen mit etlichen Bikern am Viewpoint und blicken auf die zerklüftete Ebene vor uns und auf die Strecke die wir gleich durchfahren. Ein unglaublicher Anblick. Bis Zum Capitol Reef NP geht das so weiter, ein Streckenabschnitt ist schöner als der andere.
Bei Torrey verlassen wir den Hwy 12 und biegen auf die Utah State Route 24 Richtung Osten ab. Beige und rote Sandsteinformationen begleiten uns auf dem letzten Stück bis nach Fruita im Capital Reef NP. Für die lediglich 124 Meilen lange Strecke benötigten wir 2 Tage, mit einer Zwischenübernachtung in Escalante. Das sagt eigentlich alles über die Schönheit der Landschaft aus. Der Campingplatz liegt unter schattenspendenden Bäumen und wird von den roten Felsen und dem Fremont River eingerahmt. Wir vermissen zwar schmerzlich eine Dusche aber die tolle Lage des Platzes ist dafür um so besser. Unsere Energie reicht gerade noch für einen Spaziergang an der Camp Ground Road entlang. Fruita ist heute eine Geisterstadt. Erhalten sind nur noch eine Farm, ein Blockhaus und das historische Schulhaus. Die Siedlung wurde 1966 aufgegeben. Die Obstplantagen werden allerdings heute noch gepflegt. Wir lassen die Seele baumeln und versuchen uns von den Erlebnissen der letzten Tage zu erholen. Bei dem Versuch bleibt es. Silvia kann es nicht lassen und begibt sich auf Spurensuche. Seit der Reparatur des Abwasserschlauches riecht es, besonders seit es so heiß ist. Nach jedem Dumpen bemerken wir unangenehme Gerüche im Wohnmobil. Wir vermuten, daß der Schlauch zu tief in der Wanne befestigt ist und immer ein Rest an Wasser im Tank verbleibt. Siphon und Abwasserschlauch werden im Bad gereinigt obwohl wir es vor einigen Tagen bereits gemacht haben. Alles wird auseinander gebaut aber ohne Erfolg. Also arbeiten wir weiter mit Chlor und Zitronenduftreiniger und hoffen auf kühlere Tage.
Welche Strecke nehmen wir zum Arches NP? Wir haben die Möglichkeit bei Hanksville die 24 in nördliche Richtung bis zur Interstate 70/Hwy 191 oder nach Süden auf der 95 über Blanding und dann den Hwy 191 hoch zu fahren. Silvia meint nur, laß uns die langweilige Strecke nehmen, dann kann das Gehirn abschalten. Wie recht sie hat. Doch bis dahin dauert es eine Weile. Vorher geht es immer am Fremont River entlang weiter durch den grandiosen Capitol Reef NP bevor wir Hanksville erreichen.
Also jetzt nach Norden? Du bist Dir sicher? Ja!
Wir durchqueren wie es scheint eine Hochebene ohne spektakuläre Aussichten aber trotzdem von schlichter Schönheit. Wir lassen die Landschaft an uns vorbei fliegen und unseren Gedanken freien Lauf. Welch eine Wohltat. Wir passieren den Gobelin Valley State Park und stoßen anschließend auf die Interstate 70. Nach insgesamt 143 Meilen erreichen wir den Arches Nationalpark.
Der Arches NP liegt auf dem Colorado Plateau, auf einer durchschnittlichen Höhe von 1500 Metern. Die Arches entstehen durch Verwitterung und Erosion ständig neu und vergehen wieder.
In Moab kommen wir am Mittag an, suchen uns einen Campingplatz und machen direkt die Bekanntschaft von Niederländern, die uns für den Abend sofort Wein überlassen. Kennen die uns? Jetzt ist erst Kaffee und eine Dusche angesagt.
Von hier aus starten wir zwei mal täglich unsere Touren durch den Arches Park.
Vom Visitor Center bis zum Arches Garden Campround sind es auf dem Arches Scenic Drive 28 Km. Leider stellen wir fest, daß immer noch Straßenarbeiten im Park durchgeführt werden und alle Besucher den Park bis 19.00 Uhr verlassen müssen. Mit Touren bis zum Sonnenuntergang ist nichts. Daß der einzige Campingplatz im Park bis November wegen Reparaturmaßnahmen geschlossen ist, war uns bekannt. Wir verschaffen uns einen ersten Überblick und überlegen uns welche Wanderungen wir in den nächsten 2 Tagen anstreben. Die Auswahl ist riesig. Viele der Attraktionen liegen in unmittelbarer Nähe zu den Straßen und sind nach einem kurzen Spaziergang zu erreichen. Für den Delicate und den Double O Arch sind z. B. längere Strecken zurück zu legen. Egal für welche der Arches man sich entscheidet, sie sind allesamt einzigartig. Heute bleibt uns genügend Zeit den Sand Dune und den Broken Arch anzusehen. Der Eingang zum Sand Dune Arch ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Dazu müssen wir uns durch eine Felsspalte zwängen. Wir gehen auf kühlem sandigen Boden und in einem Labyrinth von Felsen sehen wir ihn. Nicht weit entfernt befindet sich der Broken Arch, den wir nach einer kurzen Wanderung erreichen. Obwohl später Nachmittag ist es noch sehr heiß und die Schweißperlen stehen mir auf der Stirn. Der Balanced Rock und Three Gossips befinden sich wie viele andere Sehenswürdigkeiten in der Nähe der Park Straße. Anscheinend hat jeder der über 2000 Felsen einen Namen. Alle aufzuzählen ist unmöglich.
Ein Toast auf die Holländer. Wir sitzen draußen im Schatten nehmen eine kalte Mahlzeit zu uns und genießen den Abend bei einem Glas Wein.
Am nächsten Tag das gleiche Bild. Die Sonne brennt bereits in den frühen Morgenstunden. Den Vormittag verbringen wir im Nationalpark mit kürzeren Wanderungen, machen über Mittag eine Pause und fahren am Nachmittag wieder hinein. Ziel ist der Delicate Arch. Wie sagt Silvia immer. " Nach der Anstrengung kommt die Belohnung. Daß die Wanderung so anstrengend ist hätte ich nicht gedacht. Da muß die Belohnung schon sehr groß sein. Wir haben um die 35° im Schatten. Nur gibt es den nicht. Wir laufen in der prallen Sonne. Ich trinke freiwillig und das will was heißen. Mein Kopf nimmt die Farbe der roten Felsen an. Mal geht es über breite Felsplatten, dann schlängelt sich der Weg durch Gestrüpp, mal ist der Weg sandig oder steinig. Wenn ich glaube bald am Ziel zu sein kommt die nächste Schikane. Zum Schluß wandern wir an einer Felswand entlang, biegen ein letztes mal um die Kurve und vor uns ragt der Delicate Arch am nahen Abgrund in den Himmel. Wow, mir bleibt die Luft weg. Jetzt erst mal setzen und durchatmen. Die Anstrengung hat sich wieder einmal gelohnt. Der Weg zum Arch hin fällt trichterförmig ab. Bei Nässe sicher eine heikle Angelegenheit. Wir beobachten ein französisches Pärchen wobei er ihr einen Heiratsantrag macht. Wir glauben sie hat Ja gesagt.
Morgen fahren wir weiter Richtung Arizona. Ziele sind der Moki Dug Way, Monument Valley, Page, Lake Powell der Antelope und der Grand Canyon.