Von der Baja California nach Texas

Am 10. Januar 2018 fahren wir bei Tecate wieder über die Grenze nach USA. Unsere umständliche Ausreise aus Mexiko / Einreise in die USA ist unter Mexiko hinterlegt. Der Kühlschrank ist leer, denn auch die restlichen 6 Eier wurden uns an der Grenze abgenommen. Wir müssen Richtung Osten um rechtzeitig zum Madri Gras in New Orleans zu sein. Der Hwy 94 führt uns 30 Meilen durch eine idyllische Landschaft bis wir bei Boulevard auf die Interstate 8 stoßen. Das Aufregendste an der Fahrt ist die Nachricht, die unser Dicker uns sendet. " Bitte Ölwechsel vornehmen". Das kann nicht. Der letzte Ölwechsel wurde in Albuquerque vorgenommen und danach sind wir lediglich 11500 Km gefahren. Wir beachten den Aufruf nicht und fahren weiter. Eine Übernachtung in Yuma bei Flying J und weiter geht es 319 Meilen jetzt auf der Interstate 10 bis Wilcox wo wir einen Großeinkauf starten und unsere nicht vorhandenen Vorräte auffüllen. Der Ölstand wird geprüft und ist ok. Weiter geht die Fahrt Richtung Lordsburg. Wir passieren den Ort und Silvia flucht. Zusätzlich zum immer wiederkehrenden Hinweis einen Ölwechsel vorzunehmen zu lassen leuchtet die Öllampe auf. An der nächsten Abfahrt geht es runter von der Interstate und wir stehen mutterseelen allein in der Pampa, weit und breit kein Haus, geschweige denn eine Ortschaft. Wir prüfen noch einmal den Ölstand, sind uns jetzt nicht sicher ob die Menge ausreicht und kehren die 16 Meilen bis Lordsburg zurück. Dort gibt es Flying J wo wir nach einer Werkstatt fragen können. Ich wälze zusätzlich das Handbuch, suche nach Informationen und erfahre, daß wir sofort eine Werkstatt aufsuchen sollen um den Ölwechsel vorzunehmen. Ansonsten würde der Wagen mit verminderter Drehzahl fahren. Tolle Aussichten für eine Weiterreise wo wir doch die amerikanischen Werkstätten mittlerweile so gut kennen. Was macht man mitten in der Wüste um Hilfe zu bekommen? Man ruft Freunde und die Werkstatt zu Hause an. Welches Öl benötigen wir? Die Info finde ich nach langer Suche im Handbuch und erhalte von der Heimwerkstatt ein Bild mit den genauen Angaben. Wir bekommen eine Adresse vom "Diagnose Center". Die Werkstatt repariert alles und ist nur 1,5 Meilen entfernt. Der Besitzer scheint mexikanischer Abstammung zu sein, was schon mal gut ist. Die Werkstatt sieht dagegen etwas krumpelig aus und ist halb verfallen. In das Büro geht es mit Hindernissen über kaputte Treppen. Alfred prüft den Ölstand und der ist ok. Dann kommt er mit einem Auslesegerät zurück. Das kann ja heiter werden. Was folgt ist ein Frage und Antwort Spiel über technische und fahrzeugbezogene Dinge. Wir vermuten daß beim letzten Ölwechsel kein Reset vorgenommen wurde. Das entspricht auch den gefahrenen Kilometern seit dem letzten Wechsel zu Hause. Uns schwirrt der Schädel und er versucht zu resetten. Das klappt nicht. Schließlich will er einen Ölwechsel machen obwohl dadurch das Problem nicht behoben wird. Was ist danach? Eigentlich müßte die Lampe weiter leuchten. Weiß der blöde Computer daß ein Ölwechsel vorgenommen wurde? Ölwechsel geht nicht weil er keinen Filter hat. Den will er aber besorgen. Wir fragen uns nur wo? Wir haben keine Ahnung und ich schaue schon mal nach einem Fiat Händler, aber wozu eigentlich?. Die nächste Werkstatt ist in El Paso in Texas. Bis dahin sind es nur 250 Kilometer. Nach gut drei Stunden verabreden wir uns für morgen früh wieder mit Albert. Das Ergebnis ahnen wir bereits. Er hat keinen Partikelfilter aber für uns ein freundliches Lächeln. Also nach El Paso.

Die 167 Meilen lange Strecke zwischen Lordsburg und Las Cruces ist uns bekannt. Wir passieren diverse Border Patrols und erreichen am Nachmittag El Paso. Der Name des Camps ist passend. Roadrunner. Es ist Samstag und wir finden nach langer Sucherei über Umwege die Fiatwerkstatt. Überall Baustellen mit Umleitungen. Freundlich sind sie ja die Angestellten. Natürlich können sie uns helfen und kommen mit zum Auto. "What is this"? Sobald sie unser Wohnmobil sehen schrecken sie im wahrsten Sinne des Wortes zurück. Dieser Angestellte benötigt die ZFA Nr. und alle anderen Angaben über das Auto. Als Beispiel zeigt er uns Daten eines anderen Fahrzeuges wo von der Farbe der Sitzpolster bis hin zu was weiß ich alles hinterlegt ist. Das bräuchte er um uns helfen zu können. Natürlich ist Wochenende und vor Montag nichts zu machen. Unsere Heimwerkstatt meint, wenn Fiat uns nicht helfen kann sollen wir unser Glück bei Peugeot oder Citroen versuchen. Was bei einer Weiterfahrt passieren kann weiß er auch nicht. Toll, Peugeot und Citroen gibt es in USA nicht. Wir erkunden notgedrungen die nähere Umgebung in El Paso, wo überwiegend Menschen mit mexikanischer Abstammung leben. Wir hören mehr spanisch als englisch. Im Yucca Park beobachten wir ein Foot Ball Spiel und nutzen die freie Zeit zum Einkaufen. Es ist Mittag, kurz vor 12.00 Uhr. Wir stehen an der Kasse und wollen bezahlen. Es geht nicht weiter, die Verkäuferin schaut ständig auf die Uhr. Nicht wissend was los ist lassen wir dem nächsten Kunden den Vortritt. Der muß aber auch warten. Unter dem Arm trägt er ein 6 Pack Bier,  wir haben eine Flasche Wein auf das Band gelegt. Der Grund der Warterei: Alkoholverkauf am ist Sonntag erst ab 12.00 Uhr gestattet. 

Regel Nummer 9: nicht immer alles verstehen wollen.

Im Wohnmobil suche ich im Internet welche Alternativen wir noch haben. In Mexicali gibt es Fiat und laut Web Seite führen sie auch den Ducato. Was ist wenn wir zurück fahren? Ich bin dafür und Silvia dagegen. Aber wie lange können wir das nervige Blinken der Öllampe und die Aufforderung zum Ölwechsel ignorieren?

Montag Morgen. Das Zertifikat haben wir bei unseren Unterlagen gefunden und zeigen es bei Fiat vor. Ein anderer Angestellter, eine andere Aussage nachdem er das Auto gesehen hat. Er muß den Chef fragen. Nein, sie können uns nicht helfen. 

Ich setze mich durch, wir fahren zurück nach Mexicali. Der spanisch sprechende Angestellte ruft dort an, sie reparieren auch den Ducato und können den Reset vornehmen. Wir sollen morgen Früh 8.00 an der Werkstatt sein und uns bei Ricardo melden. Können wir fliegen? Nein, aber zügig fahren. Wie der Roadrunner düsen wir zurück nach Mexicali, überholen spielend den Dauerläufer von gestern, der an Forrest Gump erinnert, übernachten bei Flying J und wundern uns am nächsten Tag über einen fürchterlichen Gestank. Zum Glück ist es nicht unser Auto sondern eine riesige Kuhherde. Um 10.00 erreichen wir nach 973 Km die Grenze zu Mexiko. Was sind in Nordamerika schon 973 Km?

 

 

Bienvenido in Mexiko. Als der mexikanische Beamte erfährt warum wir einreisen wollen kann er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Im Büro geht alles schnell. Wir erhalten eine Einreisegenehmigung für 2 Tage und müssen auch keine Einreisegebühr bezahlen. Dafür wünscht uns die freundliche Beamtin viel Glück. Wieder in Mexiko geht es neben der eigentlichen Straße auf einer Sandpiste weiter und dann quer durch die lebhafte Stadt. 12.00 Uhr erreichen wir Fiat, fragen nach Ricardo und der meint nur wir hätten den Termin um 8.00 Uhr gehabt. Jetzt wäre nichts mehr zu machen. Wir einigen uns aber auf ein Reset, der unserer Meinung nach auch ausreichend ist. Das geht. Alles zusammen nette Jungs mit denen wir uns mit Händen und Füßen und etwas englisch unterhalten. Noch mehr Spaß haben wir als das Wohnmobil nach 20 Minuten abfahrbereit da steht. Keine blinkende Öllampe, keine Kosten. Silos, der ältere Mechaniker erhält allerdings ein gutes Trinkgeld. 

Zurück zur Grenze. Wir übersehen ein Verbotsschild und erwischen die falsche Lane, haben dafür aber freie Fahrt. Unterwegs springe ich schnell raus, renne mit den Pässen ins Office und lasse mir von der selben Beamtin die Ausreisestempel geben. Sie freut sich daß alles geklappt hat und wünscht uns gute Weiterfahrt. Ab ins Wohnmobil und weiter zum US Officer. Er wundert sich weil wir nach nur 3 Stunden wieder über die Grenze wollen und schaut uns skeptisch an. An die Windschutzscheibe heftet er einen Zettel und wir müssen bis zur Inspektion vorfahren. Dort heißt es warten denn es ist Mittagszeit. Alle Autos werden von unten durchleuchtet, überall stehen schwerbewaffnete Beamte und wir hören die Wachhunde bellen. Jetzt beginnt die Fragerei. Warum sind wir von USA nach Mexiko eingereist und warum wollen wir am gleichen Tag zurück? Wie war der bisherige Reiseverlauf? Wo waren wir und warum? Wie sieht die weitere Route aus, wie lange wollen wir im Land bleiben? Mindestens drei mal müssen wir immer wieder die gleichen Fragen beantworten. Dann werden wir aufgefordert in die Absperrung hinter einem Maschendrahtzaun zu gehen. Während das Auto gründlich untersucht wird kommen wir uns wie Schwerverbrecher vor. Wir beobachten die Beamten, die den Eindruck machen zum Lachen in den Keller zu gehen. Allerdings gestattet die Beamtin, die uns abfertigt, daß alle Lebensmittel wieder mit eingeführt werden dürfen. Wir haben schon befürchtet, daß uns alles abgenommen wird. Zum Schluß erhalten wir eine Verwarnung. Nehmen wir noch einmal die falsche Lane ist eine Strafe von 100 $ fällig. Das wird nicht passieren denn wir wollen nicht wieder kommen. Das ganze hat 1,5 Stunden gedauert. Zwei Grenzübergänge, zwei Erfahrungen. An alle die rüber müssen: nehmt den Übergang in Tecate.

Wieder in USA machen wir einen Stop bei den Imperial Dunes nahe der Grenze zu Mexiko. Das Gelände ist ein El Dorado für Off Road Freeks mit Motorrädern und Quads. Rechter Hand sehen wir den Grenzverlauf zu Mexiko. Die schwarze Wand schlängelt sich wie ein Bandwurm durch die Landschaft. Kalifornien, Arizona und New Mexiko durchfahren wir zügig, übernachten wieder in Gila Bend und sehen wieder den phantastischen orangerot leuchtenden Himmel und die untergehende Sonne. Bis El Paso, wo die Odyssee begann sind es noch 697 Km. Unterwegs nehmen wir im Vorbeifahren die riesigen Campinganlagen mit den bis zu über 1000 Stellplätzen wahr. Die Senioren spielen Golf oder Boccia auf Grünanlagen mitten in der Wüste. Wir fahren bis kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Es ist windig und Silvia umfährt geschickt umherfliegende Mülltonnen, Stühle und Autoreifen. Ein weiteres mal tanken und einkaufen, dieses mal bei Safeway. Ein älterer Herr stellt sein Auto ab dafür einige Schilder auf und erbettelt sich so Lebensmittel und Sprit für die Weiterfahrt. Wir fragen uns woher er kommt und wie lange er auf diese Art und Weise seine Reise bereits finanziert. In San Anthony ist Schluß. Wir holen uns eine Pizza, essen im Wohnmobil und versuchen zu schlafen. Die Nacht wird lausig kalt. Morgens sind die Scheiben vereist und das Scheiben Wischwasser ist eingefroren. Wir haben - 5 ° und müssen bei Gelegenheit mehr Frostschutzmittel einfüllen. Das schaffen wir ohne eine Werkstatt aufzusuchen.

Wir entscheiden uns gegen einen Abstecher in den Big Bend NP und fahren auf dem Texas Mountain Trail ins Hinterland. Texas Mountain Trail klingt doch besser als Interstate 10. Die Fahrerei ist eintönig. Wenn wir bedenken wie groß Texas ist wundern wir uns nicht daß die Uhren wieder verstellt werden müssen. Der nach Alaska größte Bundesstaat ist so groß wie Frankreich, Deutschland, Belgien, Liechtenstein, die Be Ne Lux Länder und das Festland Dänemarks zusammen genommen. Texas nennt sich auch der Lone Star State. In Stockton sind wir vom gleichnamigen Fort enttäuscht. Dabei sahen die Reklameschilder in Anthony sehr vielversprechend aus. Vielleicht liegt es nur daran daß das Fort nicht geöffnet hat.

Ab jetzt heißt die Interstate Pecos Trail. Vor Ozona wird die Landschaft etwas interessanter. Dichte Kiefernwälder säumen den Weg. Hin und wieder ist eine Ölförderungspumpe zu sehen. Das Einzige was wir nicht sehen ist eine Herde Longhorn Rinder. Wo wir schon mal in Ozona sind gehen wir dem Tipp der zwei Tankstellen Bediensteten nach und besuchen den David Crockett Park. David Crockett war ein US amerikanischer Volksheld, Soldat und Politiker, in Tennessee geboren und bei der Schlacht um Alamo verstorben. Als Politiker setzte er sich für das Zusammenleben zwischen den Siedlern und Indianern ein.

Bei Kerrville zweigen wir auf die 173, der Farm Road, ab und begeben uns ins schroffe Texas Hill Country nach Bandera.

Was macht Bandera, die gerade mal 1000 Einwohner zählende kleine Gemeinde, im schroffen Texas Hill so besonders? Es ist der Western Charme. Keine Fiktion sondern Wirklichkeit. Anbindepfosten für die Pferde vor den Kneipen und Geschäften. In den Shops entlang der Main Street gibt es alles Erdenkliche für Cowboys und Cowgirls und überall spüren wir die besondere Cowboy Mentalität. 

Bandera bezeichnet sich als Welthauptstadt der Cowboys. Bereits im 19. Jahrhundert starteten von hier die Viehtriebe auf dem Great Western Cattle Trail in den Norden und Osten der USA. Heute finden zwar keine Viehtriebe mehr statt, wir sehen auch keine angeleinten Pferde vor den Kneipen, dafür aber etliche Harleys vor der Biker Bar. Was machen wir bei diesem Usselswetter? Wir gehen ins Trockene und trinken ein einheimisches Lone Star Bier. Die gerade mal 15-20 qm2 große Kneipe ist bis unter die Decke mit allerlei Kuriositäten geschmückt. Hier kann sich Frau der unbequemen oder überflüssigen Wäschestücke entledigen und umweltgerecht entsorgen. 

Das Frontier Times Museum wurde im Jahre 1933 von J. Marvin Hunter gegründet. Seine Devise lautete: jeder Gegenstand der seinen Besitzer wichtig ist und gespendet wird soll für alle wichtig sein und wird deshalb vom Museum nicht abgelehnt. Hier finden wir Antikes, Skurriles und Kuriose aus der Pionierzeit. Wir sind froh im 21. Jahrhundert zu leben beim Anblick der ausgestellten Gerätschaften. Egal ob beim Hairdresser oder Zahnarzt, die Utensilien sehen wie Folterinstrumente aus. Seit 2009 dient das Museum auch als Heros Hall der Rodeo Reiter. Viele Champion stammen aus Bandera. Ein Rodeo Denkmal steht vor dem Gerichtsgebäude. Das Frontier Times Museum unterscheidet sich nur unwesentlich von den zahlreichen Antik Läden in USA.

Wir haben Winter. Zwar keine Eiseskälte aber dafür ununterbrochen Nieselregen. Wir entledigen uns am  Mobil von den nassen Kleidungsstücken und studieren den Bandera County Weekly Guide, den wir bei der Anmeldung am Camp erhalten haben. Wir entscheiden uns heute für die Jam Session im Arkey Blues Silver Dollar Saloon, der ältesten Honky Tonk Bar in Texas. Es geht eine steile Treppe hinunter und die Beleuchtung ist schummrig rot. Ein wenig verrucht. Die Tanzfläche ist mit Sand bestreut. Zwei Musiker geben auf der Gitarre und der Fiedel ihr Bestes. Wir brauchen keine gute Akustik sondern gute Stimmung und die herrscht hier unten. Jam Session bedeutet, daß sich die Musiker ständig abwechseln. Jeder spielt mit jedem, so wie er Lust hat. Improvisation ist alles. Je später der Abend um so interessanter die Gäste. Typisch texanisch. Hut, Cowboy Stiefel, Jeans und Hemd. Der Texaner bringt seinen Whiskey mit in die Bar und bestellt zusätzlich ein Bier. Trinken, rauchen, neues Bier bestellen und mehrmals ab auf die Toilette. Unsere Nachbarn scheinen eine schwache Blase zu haben. Wie sie trinken wir die einheimische Marke "Lone Star", nur langsamer und weniger. Denn trinkst du eine Flasche, bringst du drei Flaschen weg. 

Kurz nach Sonnenaufgang ist es mit der Ruhe vorbei. Über uns hocken zig Vögel und machen ein Höllenspektakel. Alfred Hitchcock läßt grüßen. Heute Morgen hat die Hausfrau frei denn es ist Pancake Essen im Gemeinschaftsraum des Campingplatzes angesagt. Das lassen wir uns nicht entgehen. Egal ob süß mit Ahornsirup oder herzhaft mit Bacon. Es schmeckt. 

Heute Mittag findet der Fonda Freeman Gedächtnisritt statt. Fonda Freeman kam vor einigen Wochen bei einer Planwagenfahrt ums Leben. Ein SUV fuhr auf ihren Planwagen auf wobei sie und das Pferd starben. Ihre Schwester und eine Passagierin wurden dabei zum Teil schwer verletzt. Reiter aus Bandera, Freunde und Bekannte veranstalten das Benefiz und sammeln so Geld für die Angehörigen. Start ist an der Bike Bar und sobald die Polizei die Straßen gesichert hat setzen sich Ross und Reiter in Bewegung. Anschließend findet ein BBQ statt. Viele Schaulustige stehen wie wir an der Straße als Jung und Alt an uns vorbeireiten. Red Neck, ein Longhornbulle mit imposantem Gehörn, kommt wider Erwarten nicht zum Einsatz und steht geduldig im Anhänger. 

Nur 49 Meilen von Bandera entfernt liegt San Antonio, die zweitgrößte Stadt Texas. San Antonio blickt auf ein traditionsreiches koloniales Erbe zurück. Hier fand 1835-1836 die Schlacht von Alamo des Texanischen Unabhängigkeitskrieges statt. Nach einer 12 Tage andauernden Belagerung kam es am 6. März zur berühmten Schlacht die die mexikanischen Streitkräfte unter der Führung von Antonio Lopez de Santa Ana gewannen. Von der ehemaligen Missionsstation, mitten in Downtown, stehen heute nur noch die äußeren Mauern und die Missionskirche. Eine Besichtigung der überschaubaren Anlage nimmt nicht allzu viel Zeit in Anspruch. Nur einige Gehminuten entfernt befindet sich der San Antonio River mit seinem bekannten und lohnenswerten 24 Km langen Riverwalk. Wir müssen lediglich einige Stufen hinab gehen und befinden uns eine Etage tiefer auf der Uferpromenade. Entlang des Flusses reihen sich Cafés, Restaurants und Geschäfte, dazwischen gepflegte Grünflächen und Bäume. Im Sommer wird hier wahrscheinlich der Bär tanzen, jetzt im Winter sind die Besucherzahlen jedoch überschaubar. Im La Villita Historic Arts Village, einem Künstlerviertel, können diverse Kunst und Handwerks Gegenstände erworben werden. Trotz der nichtsommerlichen Temperaturen gönnen wir uns ein Eis und begeben uns wieder nach oben. Gegenüber der Missionsstation befindet sich das Louis Toussaud`s  Waxworks. Na ja, man muß es nicht unbedingt gesehen haben. Wir machen die Bekanntschaft der jungen Royals, Barack Obama, Whopi Goldberg und anderer Berühmtheiten. Nicht alle abgebildeten Personen sind wirklich gelungen. Das Gruselkabinett ist mehr was für Kinder. Auf einer anschließenden City Bus Tour lernen wir die Außenbezirke der Stadt kennen. Wir sitzen oben und der Wind pfeift uns um die Ohren. Gut das unser Auto nicht weit vom Fort Alamo entfernt steht. Dort können wir uns aufwärmen.

Austin, die Hauptstadt Texas wurde im Jahre 1835 unter dem Namen Waterloo gegründet, jedoch im Jahre 1838 zu Ehren von Stephen F. Austin, dem Gründer der damals unabhängigen Republik Texas, umbenannt. 

Wir erreichen die Metropole von der Interstate 35 kommend über die Anna W. Richards Bridge und fahren die Congress Ave hinauf, immer das Capitol des Bundesstaates Texas vor Augen. Wer Fledermäuse mag kann abends bei Einbruch der Dunkelheit zurück zur Brücke gehen und zusehen wie sie zu Hunderten in die Lüfte steigen um sich auf Futtersuche zu begeben. Wir werden auf dieses Schauspiel verzichten und uns später lieber selbst auf Futtersuche machen. Wir finden schnell einen Parkplatz im Centrum nicht weit von der Congress Ave, zahlen wie es sich gehört mit Kreditkarte am Automaten die Gebühr und suchen zuerst das Visitor Center auf. Ausgestattet mit einem Stadtplan geht die Besichtigung los. Wir gehen geradewegs auf das imposante Capitol zu. Eingeweiht wurde es im Jahre 1888 und die Bauzeit betrug 6 Jahre. Die Kosten beliefen sich auf 3,7 Mio $. Lebensgroße Standbilder von Stephen F. Austin und Sam Houston begrüßen uns beim Eintreten über den Südeingang. Jeder Besucher wird gescannt und das Gepäck durchleuchtet. Allerdings ist der Besuch zu unserer Überraschung kostenlos. Wir passieren den Eingangsbereich und sind gleich überwältigt. Unter unseren Füßen glänzen die im Muster gelegten Terrazzoböden und passen optisch hervorragend zur übrigen Gestaltung. Von der Mitte des Terrazzomosaikes blicken wir in die 67 Meter hohe Kuppel über uns uns, die mit einem im Durchschnitt 2,5 Meter großen Stern versehen ist. Die Türen und das Mobiliar sind aus Nussholz gefertigt. An den in weiß gehaltenen Wänden hängen die Portraits der Gouverneure von Texas. Die breiten Treppenaufgänge sind ein Hingucker. Bis auf wenige Ausnahmen dürfen alle Räume besichtigt werden und das Fotografieren ist erlaubt. Das Staunen geht weiter. Im ehemaligen Finanzministerium befindet sich heute die Auskunft und der Führungsdienst. Der größte Raum des Gebäudes ist der Saal des Repräsentantenhauses. Hier arbeiten die 150 Repräsentanten zusammen mit dem Senat an der Verabschiedung der Gesetze. An den Wänden hängen Bilder die die Geschichte des Bundesstaates widerspiegeln. Im öffentlichen Empfangssaal warten wir vergebens auf den amtierenden Gouverneur, dem Republikaner Greg Abbott. Von einer Empore blicken wir auf die riesige Bibliothek und stehen anschließend im Saal des obersten Gerichtshofes. Bis 1959 war dieser Raum Mittelpunkt der Texanischen Justiz. Er dient jetzt nur noch als Versammlungssaal. Die Zeit vergeht wie im Fluge und wir verlassen erst nach mehr als 2 Stunden diesen geschichtsträchtigen Ort und wandern zum Castle Hill. 

Nach einem Fußmarsch von nur 20 Minuten stehen wir im Graffiti Park oder Hope Outdoor Gallerie in der Baylor St. Der Kontrast zum Capitol könnte nicht größer sein. Keine Fläche die nicht besprüht ist. Jeder der möchte hat hier Gelegenheit sich zu Verwirklichen. Wir entdecken etliche wirklich gut gelungene, sagt man Sprühereien? Wie auch immer die gesamte Atmosphäre passt. Es fehlen nur noch die Sprüher. Um uns herum liegen die leeren Flaschen, Dosen und andere Utensilien. Keine Fläche ist frei von Farbe. Selbst die Pflanzen leuchten in allen Farben nur nicht in grün. Viele mögen diesen Ort als schmutzig und verwahrlost empfinden. Sie haben recht. Das ist er. Aber das ist ja gerade das Reizvolle. Es passt.

Austin ist nicht die größte Stadt in Texas sondert erinnert ein wenig an eine Provinzstadt. Es geht recht entspannt und ruhig zu. Die Kombination aus alten und neuen Gebäuden harmoniert gut zusammen. In den Seitenstraßen befinden sich zahlreiche Cafés und Bars. In USA gilt Austin als die Hauptstadt der Live Musik. In der Eingangshalle des noblen " The Driskill " Hotels treffen über 140 Jahre Telefon Geschichte aufeinander. Die vornehme, betuchte Gesellschaft der damaligen Zeit traf sich in dem Hotel um die neuen " Bell Telefone " zu nutzen. Wir sind zwar nicht betucht und vornehm halten dafür aber ein nicht gerade billiges "Bell Phone" der neueren Generation in Händen. Wobei die neue Version mehr zu einer anderen Art der "Unterhaltung" dient. 

Stadtbesichtigungen machen hungrig und für uns wird es Zeit wie die Fledermäuse auf Futtersuche zu gehen. Im Whole Foot Markt finden wir alles was unser Herz begehrt. Es gibt eine Brottheke und was für eine. Ich hätte es nie für möglich gehalten daß wir beim Anblick von Brot so aus dem Häuschen geraten und vor einer schier unlöslichen Aufgabe stehen würden. Welches Brot nehmen wir? Eines riecht und sieht besser aus als das Andere. Am Liebsten würden wir mehrere nehmen. Wir haben die Qual der Wahl und entscheiden uns für ein fest gebackenes duftendes Graubrot, das wir vorher probieren dürfen. 

Der Tag neigt sich zu Ende, im Hotel können wir uns ein Zimmer nicht leisten, also müssen wir fahren und uns eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Am Wohnmobil angekommen entdecken wir einen Zettel an der Windschutzscheibe. Bei uns heißen diese Zettel Knöllchen. Wir sollen 28 $ Strafe zahlen weil wir mehr als einen Parkplatz belegen. Na klar, unser Auto ist auch 7 Meter lang. Nicht nur das, wir haben 3 Plätze in Beschlag genommen weil die hintereinander liegenden Plätze versetzt angelegt sind. Mit der Schnauze stehen wir richtig und das Heck nimmt 2 Plätze in Anspruch. Silvia ist stinksauer und flucht wie ein Rohrspatz. Das will was heißen. Inzwischen überlege ich mir wie wir bei nächster Gelegenheit die Strafe zahlen. Das geht aber nur online. Darüber hinaus vergesse ich den fast vollen Kaffeebecher auf dem Tisch. Schwamm drüber. Im wahrsten Sinne des Wortes. Schwamm über die Sitze und den Schaden so gut es geht beheben. Klappt aber nicht. Damit nicht genug. Auf der Interstate stellen wir fest daß sie mautpflichtig ist. Die Maut Häuschen sind verwaist aber es folgen Hinweisschilder "Pay by Mail" . Toll. Toll Gebühr. Wie, wo bezahlen? Das werden wir mal ignorieren. Alle stadtnahen Campingplätze sind belegt. Auf einem hätten wir für 45 $ vor einem Schuppen stehen dürfen. Nein Danke, da ist uns Walmart in Pflugerville lieber. Gegenüber entdecken wir Aldi wo wir morgen das gesparte Geld ausgeben.

Meine erste Aufgabe vor der Weiterfahrt: Mautstraßen vermeiden ins Navi eingeben. Was folgt ist eine Fahrt durch das texanische Hinterland Richtung Golf von Mexiko. Wir passieren Orte mit deutsch klingenden Namen. Wir fahren an der Pfennigs Lane vorbei nach Dessau, Schulenburg und Weimar. 

Endlich sehen wir die ersten Longhornrinder und machen Halt an einer Texas Ranch.

Nach insgesamt 200 Meilen sind wir in Port O Connor und stehen am Golf von Mexiko. 

Cowboys und Cowgirls, Rinder und Pferde waren gestern. Jetzt sind aufgemotzte Pick ups und Quads im Einsatz mit denen die Strände unsicher gemacht werden. Die 560 Km lange texanische Küste erstreckt sich von Sabine Pass bis zum Rio Grande, der natürlichen Grenze zu Mexiko. Wir sind in Port O Connor und es regnet. Einige der Campingplätze haben ihren Betrieb nach dem letzten Hurricon Harvey noch eingeschränkt oder sind geschlossen. Auf einer Radtour entdecken wir allerdings keine größeren Schäden mehr, denn die auf Pfählen erbauten Häuser wurden bis auf wenige restauriert. Im Hafenbereich dümpeln einige Hochseeyachten neben alten Fischkuttern. Berge von Austernschalen sagen uns was neben Shrimps  aus dem Wasser geholt wird. Im Boogy Nature Park, wo es nur einen tiefen, sandigen Untergrund gibt, sehen wir den Anglern zu. Sie fahren direkt mit ihren Quads bis zum Wasser. Schade daß wir es mit unserem Auto nicht hierhin schaffen.

Die nächsten Tage bescheren uns Dauerregen. Den Spannungswandler müssen wir auf eine erhöhte Unterlage stellen damit er nicht im Wasser steht. Über Follets Island geht es über eine Brücke nach Galveston Island. Hier wird der Küstenabschnitt interessanter. Keine rauchenden Industrie Schlote sondern ansehnliche Häuser an der tollen Jamaika Beach allerdings ohne Reggae Musik. Zum Baden ist es zu kalt und windig. Im Galveston State Park machen wir die Bekanntschaft einer muffeligen Parkangestellten. Ich will die Anmeldung erledigen komme mit der Angestellten aber nicht klar. Ich weiß nicht welchen Besen sie verspeist hat, will es auch nicht wissen und schicke Silvia zu ihr. Sie kommt mit rollenden Augen zurück, hat aber einen Anmeldeschein für den Campplatz. Direkt an der Beach können wir nicht stehen denn der Platz steht halb unter Wasser. Einige Km weiter befindet sich im Park ein weiterer Platz wo wir mit Blick auf die West Bay stehen. Zum ersten Mal sehen wir Schilder mit Hinweis auf Alligatoren. Zwar sehen wir keine, halten die Augen trotzdem offen. 

Im Lyndon B. Jonson Space Center Houston erwartet uns ein Stück Weltraum Geschichte. Von hier starteten unter anderem die Apollo Missionen ins Weltall. Wir starten unsere Entdeckungstour in den Hallen und sind schier überrascht mit welchen technischen Mitteln und Ausstattung die Astronauten ausgestattet waren. Die Raumkapsel der Apollo 13 Mission ist genauso zu besichtigen wie die verschiedenen Raumanzüge der jeweiligen Besatzungen. Besonders das Control Center mit dem roten Telefon und der Besucher Tribüne im Hintergrund weckt Erinnerungen an die Kindheit als wir die Mondlandung am TV verfolgt haben. Uns erstaunt mit welchen scheinbar einfachen Mitteln die Mondlandung verwirklicht wurde. Die Eindrücke die wir gewinnen sind überwältigend. Auf der NASA Tram Tour, die Kosten sind im Preis inbegriffen, verschaffen wir uns einen ausgezeichneten Überblick über die gesamte Anlage. In einer Halle befindet sich die riesige, mit fünf Triebwerken bestückte Saturn V Trägerrakete, die unter der Leitung von Wernher von Braun entwickelt wurde. Weitere kleinere Raketen befinden sich im Außenbereich. Die Tram fährt an einer Grünanlage vorbei wo für jeden tödlich verunglückten Raumfahrer ein Gedächtnisbaum gepflanzt wurde. Zu viele Bäume für unseren Geschmack. Für einen Besuch im Space Center sollte jeder mehrere Stunden einplanen, denn auch für weniger Interessierte ist eine Tour durch das Gelände lohnenswert. 

Hinter uns liegen drei Tage die wir zusammen mit Jürgen, Birgit und den drei Kindern in Katy, einem Vorort von Houston verbracht, haben. Die Familie lernten wir im Denali Park kennen. Von ihnen erhalten wir den Tipp für einen Besuch im Brazos State Park, in dem Krokodile hautnah zu sehen sind. Mit einem frisch gebackenen Brot im Gepäck machen wir uns auf dem Weg zum nahe gelegenen Park, der sich zwischen Houston und Galveston befindet. Im Visitor Center sehen wir die ersten aber kleinen Krokodile und Schildkröten und vermuten insgeheim, daß uns weitere Exemplare der Gattung verborgen bleiben. Der Park besteht aus mehreren kleinen Seen die auf Wanderwegen zu erreichen sind. Wir marschieren unbedarft los, gehen über einen Holzsteg bis ans Wasser und suchen die Gegend ab. Wir sehen Schildkröten. Aber wo Schildkröten sind, sind auch Krokodile. Hinter uns in unmittelbarer Nähe zum Weg sehen wir es faul in der Sonne liegen. Ein ausgewachsenes Krokodil. Jetzt sind wir etwas vorsichtiger. Und das zu recht. Sie liegen überall. Mal im Wasser, mal auf einer Landzunge im Pulk und auch direkt am Wegrand. Was machen wir? Vorbei gehen oder umkehren? Wir beobachten erst einmal wie sich die anderen Besucher verhalten. OK sie gehen mit einigem Abstand einfach vorbei und das machen wir mit einem, ich gebe es zu, mulmigem Gefühl schließlich auch. 

Der Brazos State Park ist unsere letzte Station in Texas. Bei Orange passieren wir die Grenze zu Louisiana und befinden uns in den sogenannten Südstaaten von Amerika.