New Mexico

Wir verlassen heute vorübergehend Arizona und fahren über Wilcox auf der Interstate 10 bis Deming. Von dort geht es auf den Hwy 180 weitere 28 Meilen durch eine schier endlose Wüste zum City of Rocks State Park. Wie aus dem Nichts tauchen vor uns die Granitfelsen des nur ca. 2 Km2 großen Parks auf. Die Meinungen ob ein Abstecher lohnenswert ist gehen auseinander. Einige Besucher verlassen den Ort nach einer Picknickpause oder Wanderung aber wir verbringen, weil es uns so gut gefällt, sage und schreibe 3 volle Tage im Park. Wir befinden uns auf einer Höhe von rund 1800 Metern in der Chihuahuan Desert Region. Die großen Granitfelsen, die bis zu 15 Metern aufragen, entstanden vor rund 35 Millionen Jahren durch einen Vulkanausbruch. In den Felsformationen eingebettet liegt der Campplatz, der uns wegen seiner Anordnung und Lage an die Spitzkoppe in Namibia erinnert. Im Eingangsbereich gibt es ein modernes Visitor Center mit Duschen und Toiletten und einen Wohnmobilstellplatz mit Strom und Wasseranschluss. Wir haben die Qual der Wahl und fahren so weit es geht durch das Labyrinth von Felsen bis wir einen für uns schönen Platz finden. 

 

Wir haben etwas zu feiern denn wir sind jetzt auf dem Tag genau 6 Monate auf dem nordamerikanischen Kontinent unterwegs. Den Sekt für unser Bergfest heute Abend haben wir bereits kalt gestellt doch jetzt wird erst mal gekraxelt. Wie die Kinder erklimmen wir die Felsen schlängeln uns durch schmale Spalten und halten die Augen dabei offen, denn dieses unübersichtliche Gelände ist ein idealer Tummelplatz für Klapperschlangen und anderes Getier. Abends erleben wir bei einem Glas Sekt auf einem Felsen sitzend einen stimmungsvollen Sonnenuntergang. Wir lassen das letzte halbe Jahr an uns vorüberziehen, schwelgen in Erinnerungen und freuen uns auf die weiteren vor uns liegenden 6 Monate.  Zur Feier des Tages gibt es Spagetti Bolognese, dazu einen trockenen Rotwein. 

Am nächsten Tag wechseln wir auf einen Stellplatz den ein deutsches Pärchen frei macht. Sie haben sich vor einiger Zeit in USA einen Bigfoot zugelegt und bereisen damit mehrmals im Jahr Amerika. Wir stehen nun am Rande der City of Rocks und blicken vom Auto aus in die unendliche Weite der Wüste. Ein letztes mal gehen wir durch den Irrgarten aus Felsen und treffen auf eine Gruppe von Kindern die unter Begleitung der Eltern an einer von einem Ranger geführten naturkundlichen Tour teilnehmen. Für uns heißt es morgen Abschied nehmen. Packen wir die nächsten 6 Monate an. 

Bis Deming müssen wir die 28 Meilen zurück und dann auf die Interstate 10. Nach 144 Meilen, die wir durch die immer gleich bleibende Wüstenlandschaft nach Osten fahren  tauchen die ersten sandigen weißen Flecken auf. Wir nähern uns den White Sands. Wer Interesse an Raketen und Drohnen Technologie  hat, für denjenigen lohnt sich ein Abstecher in die White Sands Missle Range. Hier wurde auf einem heute gesperrten Teil des Geländes der erste Nukleartest durchgeführt. Auf einem öffentlich zugänglichen Areal können alle Raketentypen, die je auf dem Testgelände erprobt wurden besichtigt werden. Von der V1 bis zum Patriot- Flugabwehrraketensystem. Wir ziehen der Technik das White Sands National Monument vor. Uns reichen die über uns fliegenden Kampfflugzeuge der in der Nähe gelegenen Holloman Air Force.

Das White Sands National Monument befindet sich am nördlichen Ende der Chihuahua Wüste. Was auf den ersten Blick wie weißer Sand oder Schnee aussieht sind schlicht und einfach Gipssegmente. Der Gips wurde in den San Andres und Sacramento Mountains im Laufe der Zeit durch Schnee und Regen aus den Felsen gelöst und gelangte anschließend in das Tularosa Basin. Hier lagerte es sich als Sediment ab. Normalerweise würde es von Flüssen ins Meer getragen aber da das Tularosa Basin keinen Abfluss hat bleibt es im Tal liegen. Das Wasser verdunstet und übrig bleiben der weiße Gips und andere Sedimente. Der Wind tut sein Übriges und die Gipspartikel  türmen sich zu Dünen auf. Man unterscheidet 4 verschiedene Dünenformen. Pflanzen und Tiere haben sich den Begebenheiten angepasst und Überlebensstrategien entwickelt. So verlängert die Seifen-Palmlilie ihren Stamm um nicht ständig vom Sand begraben zu werden. Einige Tiere haben eine weiße Tarnfarbe entwickelt, die sie vor ihren Feinden schützt.

Wir erreichen den Park am späten Nachmittag und können zumindest noch ein kurzes Stück auf dem 12 Kilometer langen Dunes Drive zurücklegen bevor die Sonne untergeht. Im Park gibt es ausgewiesene Campplätze, allerdings nur für Zelter. Die Plätze liegen abseits im Gelände, so daß man gezwungen ist alles Notwendige dort hin zu tragen. Leider dürfen wir nicht vor dem Visitor Center übernachten und fahren die 18 Meilen bis Alamorongo und stehen bei Walmart.

Am nächsten Morgen sind wir die ersten Besucher im Park. Auf das Frühstück haben wir verzichtet und holen es jetzt auf einem riesigen Picknick Platz nach. Wir stehen mutterseelen alleine und sind umgeben von einer weißen Pracht. Direkt vom Platz nehmen wir die ersten Erkundigungen in Angriff. Der Boden ist angenehm kühl und eine Wohltat für die Füße. Wir durchstreifen das unwirkliche Gelände mit seinen sichel und bogenförmigen Dünen, beobachten eine, wie wir glauben Heuschrecke, und wagen uns immer weiter in die Dünenlandschaft hinein. In regelmäßigen Abständen blicken wir zurück und versuchen Wegpunkte auszumachen. Es gibt einen unmarkierten Trail der allerdings nur mit einem Kompass und GPS Gerät Sinn macht. Es kommen immer mehr Besucher, die sich wie wir der Mittagssonne aussetzen. Im Visitor Center wird die Entstehungsgeschichte der White Sands  ausführlich beschrieben. Die Sucherei nach einer geeigneten Übernachtungsmöglichkeit geht wieder los. Bis Alamogordo fahren wir nicht sondern biegen vorher auf den Hwy 54 und dann auf die A16 zum Oliver Lee State Park ab. Warum wir nicht schon gestern hierhin gefahren sind? Keine Ahnung. Ein schöner Platz obwohl zur Zeit einige Arbeiten erledigt werden, die aber nicht weiter stören. Wir stehen etwas oberhalb und haben vom Platz einen tollen Blick auf die vor uns liegende Ebene. Abends erleben wir einen grandiosen  Sonnenuntergang und mit Einbruch der Dunkelheit leuchten die zahllosen Lichter der White Sands Missle Ranch. Während wir uns langsam auf die Nachtruhe vorbereiten kommt etwas schwarzes großes auf mich zugekrochen. Im Schutz der Dunkelheit macht sich eine handtellergroße Tarantel auf dem Weg zur Futtersuche und ich laß sie im großen Abstand an mir vorbei ziehen.

Heute wird nur gefahren. Damit die Tour nicht zu langweilig wird biegen wir bei Corona auf eine Nebenstraße ab und fahren kreuz und quer durch die Wüste von New Mexico bis wir bei Moriarty auf die Interstate 40 stoßen. Zuerst befolgen wir den Tip von Soony Brown den wir in City of Rocks kennen gelernt haben und suchen die Werkstadt eines deutschen Auswanderers auf, in der Hoffnung, daß er den Schaden am Auto beheben kann. Bei einer regen Unterhaltung mit der 80 jährigen Mutter, die noch sehr gut deutsch spricht, erfahren wir einiges über das neue Obama Care und sind erstaunt, über die allgemeine Ablehnung. Mit einem Bedauern uns nicht helfen zu können aber mit einer weiteren Adresse im Gepäck die wir von ihnen erhalten haben fahren wir zur nächsten Werkstadt. Wieder kein Glück. Sie haben zwar etliche Auslesegeräte aber für unser Auto ist nichts dabei. Die nächste Adresse die wir erhalten finden wir nicht und sind es auch inzwischen leid zu suchen. Nach einer Nacht bei Walmart wollen wir in einer Fiat Werkstatt zumindest einen Ölwechsel machen zu lassen. Sie lassen sich erst darauf ein als wir ihnen sagen daß wir das entsprechende Öl und einen Partikelfilter dabei haben. ABS können sie nicht reparieren. Wenigstens ist eine Sache erledigt. Wir sind in New Mexico und in den Morgen und Abendstunden ist es kalt, bei tagsüber angenehmen Temperaturen. Wir schauen uns vorab die Örtlichkeiten des Ballonfestivals an und beschließen schon heute, 2 Tage früher als geplant, zusätzliche Tage zu buchen. Damit unser Wohnmobil aber nicht negativ auffällt muß erst eine Grundreinigung vorgenommen werden. Innerhalb von 15 Minuten erfolgt die Reinigung zum kleinen Preis. So sauber war er noch nie. Danke an die Jungs. 

Mit der Buchung für das Ballonfestival erhalten wir eine Präsenttasche mit einer Route 66 Tasse und anderen Kleinigkeiten. Ein Guide bringt uns zum vorgesehenen Platz, den wir alleine auf dieser riesigen Fläche, wo nahezu tausend Wohnmobile Platz haben, nie gefunden hätten. Hier muß ich einmal das amerikanische full hookups System erklären. Kurz um. Der Wasserschlauch wird am Stellplatz an den Wasserkran angeschlossen und der Abwasserschlauch wird am Stellplatz an den im Boden versenkten Kanalsystem angeschlossen. Sowohl Grau als auch Fäkalwasser können so direkt entsorgt und Frischwasser entnommen werden. Ist in der Regel eine geruchlose und saubere Angelegenheit. Selbst hier auf dem Parkplatz müssen die Amerikaner nicht darauf verzichten. Ein mobiler Servicewagen erledigt gegen eine Gebühr die Entleerung am Platz, indem das Schmutzwasser abgesaugt wird. Sauber und geruchlos. Alles während wir gerade unsere Kaffeepause machen. Guten Appetit.

Das weltweit größte Ballon Festival findet  alljährlich im Oktober statt. Ungefähr 600 Ballonfahrer aus aller Herren Länder nehmen an den verschiedenen Wettbewerben teil und sorgen für ein Spektakel der besonderen Art. 

In der Dunkelheit stehen wir auf, ziehen uns warm an, trinken auf die Schnelle einen Kaffee/Tee und begeben uns wie viele andere zum Festplatz, der etwa 800 Meter weit entfernt liegt. Pro Session werden 10 $ fällig, die aber ihr Geld wert sind. Um 5.00 Uhr stehen wir auf der Festwiese und die Kälte zieht in unsere Körper. Es ist lausig kalt.  Auf dem ca. 32ha großem Starterfeld herrscht bereits reges Treiben und die Besucher sind mittendrin. Es gibt keine Absperrungen so daß wir dem Geschehen in unmittelbarer Nähe beiwohnen. Wir wissen nicht wohin wir schauen sollen. Überall werden die Schirme ausgebreitet und mit Gas gefüllt. es zischt und glüht in den Nachthimmel. Wir können am Brenner unsere durchgefrorenen Hände wärmen. Eh wir uns versehen sind rings herum die ersten Ballons gefüllt. Nach einer Laser Show und dem anschließenden Morning Glow fällt der Startschuss. Der Ballon im Stile der US Flagge macht den Anfang. Alle Besucher stehen still und singen mit Inbrunst die Hymne. Danach steigen nach und nach alle Ballons im Licht der Morgensonne langsam in die Höhe und leuchten wie Glühwürmchen . Gänsehaut pur aber nicht nur vor Kälte.

Danach haben wir Zeit um uns auf einem Rundgang das Rahmenprogramm anzuschauen und sind fasziniert von den Holzfäller und Kettensägen Wettbewerben.  Anders als bei uns, die wir lediglich die Holzstämme klein schlagen, entstehen wahre Kunstwerke. 

Über Mittag wärmen wir uns am Wohnmobil auf und stehen mit dem Kopf im Nacken draußen und beobachten die über uns in geringer Höhe fahrenden Ballons, wovon etliche zwischen den Wohnmobilen landen. Zum nächsten Event gehen wir zurück zum Festplatz und werden von einem netten Fahrer aufgelesen der uns die restlichen 400 Meter zum Platz kutschiert. Das Angebot nehmen wir mehr zum Spass an. Wie in Kanada gibt es auch hier abgetrennte Bereiche in denen Alkohol ausgeschenkt wird. Erst nachdem wir uns ausweisen dürfen wir hinter die Absperrung, trinken im Stehen ein Bier und versorgen uns später mit einer Pizza. Der Tag endet mit einem Ballonglühen und einem Feuerwerk 

Wir beschließen am nächsten Tag nicht in der Dunkelheit aufzustehen sondern am Platz zu bleiben. Wir wollen ausschlafen, werden aber durch laute Nachbarn geweckt. Im Morgengrauen trinke ich meinen Kaffee und sehe am Horizont glühende Punkte auf mich zukommen. Jetzt bereue ich daß mein Stativ defekt und unbrauchbar ist. In geringer Höhe fahren die Ballons über uns hinweg. Es werden immer mehr . Die Schaulustigen sitzen entweder in aller Ruhe auf ihren Campingstühlen oder steigen auf die Wohnmobildächer und laufen wie aufgescheuchte Hühner über den Platz. Statt Kaffeetasse habe ich die Kamera in der Hand. Die Kamera läuft heiß und der Kaffee wird kalt. Wir haben Logenplätze erwischt. Hinter der Abgrenzung befindet sich der Friedhof und sinnigerweise landen einige Ballons direkt hier. Andere schaffen es gerade noch auf einer freien Fläche zwischen den Wohnmobilen zu landen. Nur wenige Ballons bekommen so viel Auftrieb daß sie in Richtung Albuquerque verschwinden. Pünktlich zum Ballonglühen stehen wir auf dem Festplatz. Dieses mal halten wir größeren Abstand zum Geschehen. Auf Kommando fangen alle Ballons an zu glühen. Auf dem Heimweg hält uns das abendliche Feuerwerk auf, wogegen die Amis dem keine Beachtung schenken.

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Über uns fahren Pinguine, Frösche, Motorräder, die Biene Maja und und und. Zum Ausgleich schwingen wir uns auf unsere Räder und erkunden ein wenig die nähere Umgebung. Die Tour geht an einem künstlichen Wasserkanal entlang und durch ein Industriegebiet. Auf dem Fahrradweg werden wir wenn wir nicht aufpassen in die Höhe katapultiert. Der Radweg ist lebensgefährlich. Am nächsten Tag bin nicht ich platt, sondern die Reifen. Ich habe mir unzählige kleine Stacheln in beide Reifen eingefahren und damit Arbeit für Silvia geschaffen. Mit Hingabe flickt und flickt sie die zahlreichen Löcher. Am nächsten Tag sind sie wieder platt. Bevor wir Albuquerque und das Ballonfestival verlassen sind wir noch bei Dale und Ursula auf einen Kaffee eingeladen. Ursula stammt aus Deutschland, lebt allerdings seit den 50 er Jahren in USA. Wir wagen uns mit dem Wohnmobil in die Innenstadt, erhalten direkt vor der imposanten library einen Parkplatz und ich kann Internet Arbeit erledigen bevor wir unsere Fahrt zurück Richtung Arizona antreten. 

Na ja, das passiert schon mal. Unsere anvisierte Übernachtungsstelle ist nicht mehr vorhanden und wir suchen weiter. An einem Casino dürfen wir nicht stehen, weit und breit gibt es keine Alternative. Wir landen bei KOA, können unser Wasser auffüllen und endlich dumpen. Am nächsten Morgen liegt Raureif auf Tischen und Bänken. Es ist winterlich kalt, da kommt uns die Einladung zum gemeinsamen Kaffeetrinken in der Rezeption gerade recht. 

Auch wenn wir durch den Abstecher nach Albuquerque etliche Kilometer fahren mußten hat sich der Besuch des Ballon Festivals auf jeden Fall gelohnt. Nur müssen wir jetzt, zwar auf anderer Strecke, zurück nach Arizona und kommen wieder in wärmere Regionen. Über den Petrified Forest und Abschnitten der Route 66 geht es weiter nach Las Vegas und dem Valley of Fire.